Wie Künste Kreativität in Kindern wecken
Lernen durch die Künste (LTTA) am Johann-Schöner-Gymnasium im Schuljahr 2017/2018
Unterschiedlichste regionale und internationale Künstler bereicherten auch in diesem Schuljahr den Unterricht am JSG in den Fächern Deutsch, Mathematik und Physik. Aus Kanada zu Gast waren in diesem Jahr zwei erfahrene LTTA-Künstlerinnen, die Theaterregisseurin Paula Wing sowie die Musikerin Carlie Howell, die die Schüler durch ihre positive Ausstrahlung und ihre innovativen Ideen in 60 Minuten Kreativ-Unterricht begeisterten. Der Tänzer Dominik Blank aus Würzburg sowie die bildende Künstlerin Barbara Mahler aus Wertingen a.d. Donau erprobten mit den LTTA-Lehrern unserer Schule wieder erfolgreich mehrstündige kreative LTTA-Unterrichtskonzepte in Zusammenarbeit mit den LTTA-Lehrkräften Daniela Kobel im Fach Mathematik, Johannes Günther in den Fächern Mathematik und Physik und Ruth Römling im Fach Deutsch. Unterrichtsinhalte vertiefen, von anderen Seiten betrachten, erspielen und kreativ umsetzen sind dabei die grundlegenden Ziele der Kooperation zwischen Lehrern und Künstlern.
LTTA-Stunden im Fach Mathematik
in der Klasse 8a
Für die Klasse 8a der Mathematiklehrerin Daniela Kobel bedeutete dies die Auseinandersetzung mit dem Thema Kreise und Kreisteile, das über mathematische Berechnungen hinaus durch Gestalten und Darstellen eigener Formen ganzheitlich erfahren werden konnte. Der Tänzer und angehende Pädagoge Dominik Blank griff das Vorwissen der Schülerinnen und Schüler auf, indem er kreisförmige Bewegungsmöglichkeiten in unterschiedlichsten Ebenen und Körperteilen aufgriff und zu einer kleinen Choreographie zusammenfügte. An vielfältigen Figuren setzten Kleingruppen ihre mathematischen Fertigkeiten zur Berechnung der Kreisflächen und -umfänge ein und entwarfen eigenverantwortlich neue Formen auf Papier. Die Schülerinnen und Schüler kreierten anschließend eine Bewegungsgestaltung, die ihrer gefundenen Form und den eigenen Fähigkeiten entsprach. Dabei konnten die Ideen durch die LTTA-erfahrenen Lehrkräfte aufgegriffen und zu einer Präsentation zusammengefügt werden, die deutlich machte, dass mit den Methoden von LTTA Kunst, Mathematik und die Erlebniswelt der Schülerinnen und Schüler nachhaltig zusammengeführt werden können.
LTTA-Stunde im Fach Physik in der Q12
Welle oder Teilchen? Dies ist eine, wenn nicht sogar die grundlegende Frage über die Natur des Lichtes. Aufgeworfen haben sie bereits Sir Isaak Newton und der Niederländer Christian Huygens im 17. Jahrhundert.
Gemeinsam mit der Dramaturgin Paula Wing aus Kanada begab sich der Physikkurs von Johannes Günther auf eine spannende Zeitreise in die Welt er beiden konträren Genies. Die Schülerinnen und Schüler tauchten ein in einen der bekanntesten Wissenschaftsdiskurse und versetzten sich in die Ideen und Charaktere der beiden großen Physiker. Newton als angesehene, charismatische und dominierende Persönlichkeit vertrat das Teilchenmodell. Ihm gegenüber stand Christian Huygens, eine eher schüchterne und verschlossene Persönlichkeit.
Jeweils paarweise schrieben und inszenierten die Kursteilnehmer fiktive Dialoge zwischen den beiden Physikern. Dabei war die Kombination aus physikalischen Fachargumenten und das Hineinversetzen in die beiden Charaktere eine doppelte Herausforderung.
Im szenischen Spiel unter der Anleitung von Paula Wing wurde so deutlich, dass im Streit der Persönlichkeiten nicht nur das fachlich Rationale entscheidet. Ansehen, Auftreten und Charakter einer Person sind zumindest in persönlichen Diskussionen genauso entscheidend für Erfolg oder Misserfolg einer Theorie.
LTTA-Stunden im Fach Deutsch
in der Klasse 5c
Den Einstieg in das LTTA-Programm der Klasse 5c machte bereits im Oktober ebenfalls die Dramenautorin und Theaterregisseurin Paula Wing aus Kanada, dem Ursprungsland des Projekts LTTA – Learning through the Arts. Mit ihrer schwungvollen und positiven Ausstrahlung begeisterte sie die Schüler 60 Minuten lang mit ihren kreativen Ideen im Deutschunterricht zum Thema „Erzählen“. Duftproben schärften den Geruchssinn und ließen die Kinder fantasiereiche Beschreibungen erfinden. Ingwer roch „nach Zitrone“, „scharf“ und „exotisch nach Südsee und Sonne“. Kaffeeduft beschrieben die Kinder als „würzig“ und „stark“, ein „dunkelbrauner, warmer“ Duft nach „Sonntagsfrühstück“. Assoziationen zur Farbe „Rot“ ließen kurze Erzählungen oder Gedichte zum Thema „Rot“ entstehen, ohne dass die Farbe selbst darin genannt werden durfte. Ein spannender Auftrag, den die Schüler mit viel Fantasie und Freude am spontanen kreativen Schreiben meisterten. Zudem sorgte das Englisch der Künstlerin für ein weiteres Erfolgserlebnis, denn oft konnten die Fünftklässler den Anweisungen und Erzählungen der sympathischen Kanadierin bereits ohne Übersetzung folgen.
Kleine fremde Fantasie-Wesen aus anderen Welten erschufen die Schüler und Schülerinnen der Klasse 5c in einer 4-stündigen LTTA-Einheit mit Barbara Mahler im Dezember. Die bildende Künstlerin aus Wertingen ließ die Kinder in einer Zufallstechnik aus willkürlich gesetzten Bleistiftlinien, groben Strichen mit Kohle sowie zuletzt mit Ölwachsmalkreiden spontan ohne bewusstes Ziel drauflos malen. Doch die fertigen Werke enthielten Überraschungen: Aus dem scheinbar inhaltslosen Gekritzel traten kleine Wesen hervor. Lustige, böse, unheimliche und noch nie gedachte Fantasiewesen wie Spinnengeister, Entenstörche oder Doppelzwerge, die dann mit groben Linien der Ölmalkreide herausgearbeitet wurden.
Die Kinder erweckten diese dann literarisch zum Leben. In einem Steckbrief bekamen sie einen Namen, wurden einer Gattung zugeordnet, erhielten einen Grundcharakter und eine Herkunft. In einer weiteren Doppelstunde wurden diese kleinen Wesen zur Hauptfigur in einem modernen Märchen. Durch zugeloste Gegenstände wie Gummistiefel, Federmäppchen oder Kaugummidosen erhielten die Schüler und Schülerinnen einen Ort und damit auch den situativen Rahmen, in dem die Kleinen Geschöpfe in unserem Alltag in Erscheinung treten. In szenischen Rollenspielen erprobten die Schülerinnen und Schüler zunächst den Augenblick, in dem sie dem Wesen überraschend begegnen. Sie inszenierten in kurzen Spielszenen ein erstes Kennenlernen zwischen dem Wesen aus dem fremden Reich und sich selbst. Um diese Situation herum entwickelten sie dann die Geschichte eines kleinen Abenteuers: ein Skript für ein modernes Märchen war geboren. In einer Ausstellung konnten die Wesen und Ausschnitte aus ihren Geschichten noch bestaunt werden.

Vorarbeiten für ein modernes Märchen

Szenisches Spiel mit selbst erschaffenen Wesen
Wie Musik und Klang mit Gedichten in Verbindung stehen, das ließ die quirlige Musikerin Carlie Howell die Schüler erfahren. Aus zahlreichen exotischen Schlaginstrumenten wählten sich die Schüler eines aus und stellten sich mit einem „Beat“ zunächst vor. In einer geschickt angeleiteten Jam-Session, begleitet von wiederkehrenden Gitarren-Riffs der Künstlerin entstand in der Gruppe dann ein rhythmischer Klangteppich von wiederkehrenden Klangmustern und Beats. Ganz so, wie dies auch in Gedichten oft geschieht: Klang, Wiederholung und Variation werden als Grundprinzipien der Gestaltung von Poesie immer wieder genutzt. Das freie Gestalten mit Wortmustern erprobten die Schüler dann in einem Schreib-Experiment: Aus unterschiedlichsten Textvorlagen – Auszüge aus Geschichten, Zeitungsartikeln, der Hausordnung des JSG , entstanden Gedichte mit der Methode der „found poetry“: Die Kinder fanden in den Textvorlagen Schlüsselbegriffe, hoben diese durch Einkreisungen hervor, löschten den restlichen Text durch Streichungen und formten aus den Hervorhebungen neue Sinnzusammenhänge. Daraus ergaben sich durch Wiederholungen und ungewöhnliche Kombinationen neue, teils herausfordernde, teils lustige Gedicht-Texte, die einige Mutige auch am Ende mit einem Gitarren-Beat unterlegt, rhythmisch vortragen durften. Spaß bereitete es den Schülern vor Allem, die vielen Verbote der Hausordnung des JSG durch neue Wortkombinationen auf den Kopf zu stellen.

Poetische Umgestaltung der Hausordnung
Das vielseitige LTTA-Programm bereicherte auch dieses Schuljahr den Unterricht in den unterschiedlichsten Jahrgangsstufen und brachte Farbe, Bewegung und Spaß in die Klassenzimmer. Wir danken allen Sponsoren des Programms herzlichst für die Unterstützung.
Das LTTA-Team: Daniela Kobel, Johannes Günther und Ruth Römling
Bilder und Text aus dem Jahresbericht 2017/18 des JSG von Ruth Römling