Artikel aus der Mainpost vom 21.11.2023

Von Gerhard Krämer, Fotos: Gerhard Krämer

Kanadischer Künstler im Klassenzimmer:
Wie Kinder durch Musik und Bewegung besser lernen

In den Körpern der Kinder steckt viel Musik. Der kanadische Künstler und Musiker Michael O’Connell lockt sie heraus und lässt die Kinder den Rhythmus von Worten spüren.

So schnell werden die Schülerinnen und Schüler der dritten Klasse der Grundschule Martinsheim diese besondere Unterrichtsstunde nicht vergessen.
Die Schule nimmt am Programm „LTTA“ – „Learning through the arts“ – Lernen durch die Künste – teil.

Dabei handelt es sich um ein Bildungsprogramm, bei dem Lehrkräfte und Künstler zusammenarbeiten. Ziel ist es, den Unterricht so aufzubereiten, dass die Kinder kreativ, emotional und körperlich angesprochen werden. Durch das Lernen mit Bewegung und Freude wird laut Klassenlehrerin Carolin Speier ein tieferes Verständnis und ein nachhaltigeres Lernen ermöglicht. Gerade die heutigen Kinder, die durch die niedrigere Aufmerksamkeitsspanne oft in theorieorientiertem Unterricht den Anschluss verlieren, erhalten so die Chance, Lerninhalte besser zu begreifen. Das Konzept wurde 1994 in Kanada zusammen mit der Schulbehörde entwickelt und feiert seither weltweit große Erfolge.

Kanadier findet durch Musik und Rhythmus schnell Zugang

Derzeit hält sich der kanadische Künstler Michael O’Connell wegen einer Fortbildung in Würzburg auf. Kurzfristig hatte es sich ergeben, dass er eine praktische Einheit in einer Grundschule machen konnte. Zur Freude von Carolin Speier und Schulleiterin Verena Habermeier wurde diese Ehre der Grundschule Martinsheim zuteil.
Begleitet wurde Michael O’Connell von der Theaterpädagogin Daniela Scheuren aus Würzburg. Sie unterstützte den 53-Jährigen und half beim Übersetzen. Los ging es damit, dass die Schülerinnen und Schüler ihre Namen vorstellten, aber mit Musik und mit Rhythmus. O’Connell hatte die Teilnehmenden rasch bei sich. Mit Musik geht einfach alles schneller und einfacher. „Diese Klasse ist wunderbar“, zeigte er sich schon kurz nach Beginn beeindruckt.

Begrüßungen in vielen Sprachen

„Guten Tag“ in verschiedenen Sprachen lässt sich gut singen. Vom „Aanii“ der Anishinabe, einer der größten indigenen Gruppen Nordamerikas, bis zum „Hello“. Auch die Kinder brachten viele weitere Sprachen mit ein. In Bewegungen zeigten sie viele Begrüßungsformen.
Immer wieder fragte sie O’Connell nach ihren Gefühlen dabei. Die reichten von witzig und aufgeregt über gespannt und komisch zu cool bis schüchtern. Schüchtern sei er auch gewesen, als er das Klassenzimmer betreten habe und alles neu für ihn gewesen sei, bekannte O’Connell.
Die nächste Aufgabe für die Kinder bestand darin, einen guten Sound für ihre Gefühle zu finden. Dazu betraten sie die Mitte des Raumes, in dem ein blauer Teppich lag. Das war ihr „Gefühlsuniversum“. Ohne sich zu berühren, drückten sie ihre Gefühle durch Geräusche aus.

Bildung durch Musik vermitteln

Die Kinder dachten auch darüber nach, welche Dinge man braucht, um zu überleben. Sie erfuhren, dass Erde, Luft und Wasser wichtig sind. Darüber gab es natürlich ein Lied. Ziel des Programms ist es nämlich, Kreativität und kritisches Denken zu fördern und Lernende dabei zu unterstützen, eine Verbindung zwischen dem, was sie lernen, und ihrem Leben herzustellen. Auf verschiedenen Instrumenten durften die Schülerinnen und Schüler sich zum Thema musikalisch ausprobieren. Für manche war es das erste Mal, dass sie ein Instrument spielten.
Zum Abschluss stand der Künstler für Fragen zur Verfügung. Er beantwortete Fragen zu seinem Alter, seiner Lieblingsfarbe, zu Tennis und Eishockey – Sportarten, die er selbst betreibt – und zu seinen Gefühlen. Er sei glücklich über diese Schulstunde und traurig zugleich, dass er wieder gehen müsse, bekannte er. Von den Kindern schallte ihm ein herzliches „Thank you“ entgegen.